Bund Deutscher Rechtspfleger Landesverband Brandenburg e.V.
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Rechtspflegerstudium

Große Runde zur Situation an der Hochschule für Wirtschaft und Recht

17. Juni 2024

Auf Initiative des BDR Brandenburg und auf Einladung des Gemeinsamen juristischen Prüfungsamts (GJPA) fand am Montag, 17. Juni 2024 in Berlin ein offenes Gespräch zur Situation rund um das Rechtspflegerstudium statt.

Nicht erst seit kurzem ist bekannt, dass die Bedingungen an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) für unsere Studierenden der Rechtspflege nicht besonders gut sind. In einem offenen Brief hatten sich Teile der Studierenden an die Verantwortlichen der HWR und der Einstellungsbehörden (für uns das OLG Brandenburg, in Berlin das Kammergericht) gewandt.

Wesentliche Kritikpunkte sind:

  1. der geplante Double-Intake (Aufnahme von Studierenden zweimal im Jahr) und die damit einhergehende Belastung des Personals sowie die knappen Raumressourcen an der HWR
  2. die große Anzahl der Überstunden des Lehrpersonals
  3. die alarmierende steigende Durchfallquote bei einzelnen Klausuren
  4. die zunehmende Familienunfreundlichkeit durch Verlagerung der Vorlesungs- und Arbeitsgruppenstunden in den Abend bis 21 Uhr.

 

Teilgenommen haben an dem Termin Vertreter des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, des Ministeriums der Justiz des Landes Brandenburg, des GJPA, des Kammergerichts Berlin, der Hochschule für Wirtschaft und Recht und des BDR Brandenburg und Berlin. In offener und freundlicher Atmosphäre räumte der Dekan des Fachbereichs Rechtspflege der HWR, die Probleme ein. Gemeinsam mit den Einstellungsbehörden arbeite man an deren Lösung.

Zu den einzelnen Kritikpunkten:

 

  • Double-Intake und Belastung des Personals

Mit dem Double-Intake gehe keine Erhöhung der Studierendenzahl einher. Vielmehr würde je eine Hälfte der Studierenden im April, die andere im Oktober beginnen. Brandenburg beteilige sich nicht am Double-Intake. Dieser haben neben der Entzerrung von Raumproblemen und der Entzerrung der praktischen Ausbildung in den Gerichten auch den Zweck der Nachwuchsgewinnung. Nicht selten ständen im Frühjahr noch Bewerber zur Verfügung, die im vorangegangenen Herbst kein Studium hätten aufnehmen wollen. Diese könne man eventuell gewinnen. Auch ergebe sich für Studierende, die das Examen nicht bestanden haben, bereits nach 6 Monaten die Möglichkeit die Prüfung zu wiederholen.Um das vorhandene Personal zu entlasten strebe Berlin an, Interessenten die Möglichkeit einzuräumen im Wege der Abordnung als Teilzeitdozent im Hauptamt tätig zu werden. Die Entlastung im Hauptamt habe zwar eine Mehrarbeit in den Gerichten zur Folge, aber ein Stillstand der Lehre komme nicht in Frage.

Das OLG Brandenburg steht diesem Modell offen gegenüber, sieht aber die dienstrechtliche Regelung im MdJ angesiedelt. Die Raumkapazitäten hoffe man zu erweitern. Dazu sollen Räume in der Berliner Justizakademie in der Turmstraße nach Fertigstellung genutzt werden, sobald diese fertiggestellt ist. Hauptstudienort bliebe aber der Standort Friedrichsfelde.

 

  • Durchfallquote

Die Durchfallquote im Examen sei nach wie vor eher gering. Sie belaufe sich bei ca. 6% im ersten Versuch. Die Zahl der Studierenden, die auch den Folgeversuch nicht bestehen, belaufe sich auf ca. 2,5%. Mit einer steigenden Anzahl von Lehrenden hoffe man auch, die Klausurergebnisse zu verbessern, da eine Förderung der Studierenden besser erfolgen könne. Um aus Klausuren besser lernen zu können, sollen Klausuren schneller zurückgegeben und besprochen werden. Dazu will man weitere Kolleginnen und Kollegen aus der gerichtlichen Praxis gewinnen, die nur Klausuren korrigieren.

 

  • Familienunfreundlichkeit

Der Dekan des Fachbereichs Rechtspflege der HWR führte aus, dass es aufgrund der großen Jahrgänge zu den „unschönen“ Vorlesungs- bzw. Übungszeiten gekommen sei. Diese sollen sich weitmöglich nicht wiederholen. Er sagte zu, künftig wenn möglich sehr frühzeitig über diese Termine zu informieren.

 

Daneben wurde auch die prekäre Wohnungslage in Berlin angesprochen. Studierende fänden kaum eine Unterkunft. Der Vertreter des Kammergericht konnte berichten, dass man mit Hilfe der Berlinovo GmbH (Apartmentanlagen | berlinovo) versuche, Zimmer zu vermitteln. Der BDR Brandenburg schlug vor, dass auch Brandenburger Studierende davon profitieren sollen. Das OLG Brandenburg sagte zu, diesbezüglich in Kontakt mit dem Kammergericht zu treten.

Abschließend wurde beraten, ob eine praktische Einführung in die „Justizwelt“ vor Studienbeginn sinnvoll ist. Dies wurde allseits bejaht. Vereinzelt gäbe es „Vorpraktika“. Angenommene Bewerberinnen und Bewerber schauen sich dann für ein paar Tage einmal ein Gericht oder eine STA an. Der BDR Brandenburg sprach sich für ein flächendeckendes Angebot diesbezüglich aus und sagte seine Hilfe bei der Durchführung zu.

Resümierend war das Gespräch angenehm und konstruktiv. Gleichwohl haben alle Beteiligten jetzt Hausaufgaben zu erledigen.

MG

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